Synkretismus, der Zusammenfall unterschiedlicher Flexionsformen eines Worts, wird traditionell folgendermaßen erfasst: Die relevanten Flexionskategorien (Kasus, Genus, Numerus etc.) werden in Merkmale dekomponiert, über die ein möglichst einfacher (ggf. in- oder extrinsisch geordneter) Regelapparat zur Einsetzung der jeweiligen Formen formuliert wird. Synkretismen ergeben sich dabei aus Regeln mit disjunktem, bevorzugt unterspezifiziertem Kontext - bis hin zu kontextlosen Default-Regeln. Erweist sich ein bestimmter Synkretismus als lokaler Zusammenfall bestimmter Flexionskategorien - durch die Unterspezifikation genau eines Merkmals zu erfassen - wird er als natürlich bzw. systematisch angesehen. Die vorliegende Arbeit erweitert diese Analyse, indem sie für bestimmte Synkretismen eine umfassendere, auf allgemeinen Ökonomie- und Markiertheitsüberlegungen fußende Erklärung liefert. Dafür beschränkt sie sich auf diejenigen Synkretismen, welche systematisch in allen Paradigmen zu finden sind - für die untersuchte Nominalflexion des Deutschen identisch mit den Synkretismen des Personalpronomens (er/sie/es). Seine Synkretismen werden - wo möglich - aus dem Wettbewerb zwischen Flexionsmerkmalen abgeleitet, die um overte Markierung konkurrieren. Die Konkurrenz zwischen Merkmalen aus unterschiedlichen Flexionskategorien (nämlich Kasus und Genus) kommt dabei über die gemeinsame Korrelation mit einer grammatisch einflussreichen dritten Information zustande: Belebtheit. Die Belebtheitskala, welche sich aus der Unterscheidung zwischen Personen und dem Rest der Welt ableitet, beeinflusst bekannterweise in vielen Sprachen Wortstellung, Kasusmarkierung und Kongruenz: Typische transitive Sätze lassen sich bereits über das Belebtheitsgefälle zwischen (hoch-)belebtem Subjekt und unbelebtem Objekt disambiguieren, brauchen dafür also keine feste Wortstellung, overte Kasusmarkierung usw. Sprachen mit Differentieller Objektmarkierung (DOM) wie das Spanische markieren dementsprechend aus Ökonomiegründen lediglich belebte direkte ...
|