Mit bitterböser Ironie erzählter Roman von den gescheiterten Idealen einer ganzen (links-)liberalen Elterngeneration. Mittendrin Protagonistin Sandra, der zwischen Mann, Kindern, Beruf und freundlich-kontrolliertem Zusammenleben im selbstverwalteten Mehrgenerationenhaus die Luft ausgeht. (Dagmar Härter) Sandra lebt mit Mann und 2 Kindern in einem selbstverwalteten Mehrgenerationenhaus am Prenzlauer Berg. Eigentlich könnte alles gut sein, aber zwischen den gemeinschaftlichen Plenumssitzungen, dem perfekten Hefeteig für den perfekten Kindergeburtstag, perfekt-harmonischen Gartennachmittagen und Nachbarschaftshilfe werden die Ideale eines kollektiven Eltern-"Gutmenschen"-Bildungsbürgertums langsam, aber sicher im Keim erstickt. Mit bitterböser, schwarzhumoriger Ironie beschreibt A. Stelling (zuletzt "Horchen", BA 5/10) in ihrem neuen Roman in quälender Ausführlichkeit, wie ihrer Ich-Erzählerin und Protagonistin in gut gemeinter nachbarschaftlicher Kontrolle und dem Spagat zwischen Berufstätigkeit, Kindererziehung und Partnerschaft ganz schlicht die Luft ausgeht. Und durch die bodentiefen Fenster sieht man schonungslos das Scheitern einer ganzen Elterngeneration. Zum Lachen, Weinen und Gruseln, manchmal ein klein wenig langatmig, aber treffend und scharf beobachtend erzählt. Langweiliges, wenig ansprechendes Cover. Für grosse Bibliotheken aber gern empfohlen Von den 68er-Müttern im Aufbruch hat eine Töchtergeneration den Auftrag erhalten, die Welt zu verbessern – das Waldsterben und die Aufrüstung zu stoppen, ein Zimmer für sich allein zu haben, gemeinsam stark zu sein –, und diesen Auftrag kann Sandra nicht vergessen. Mit vierzig Jahren und als Mutter zweier Kinder ist aus ihr eine Art Kassandra vom Prenzlauer Berg geworden. Sie sieht, dass die Ideale der Elterngeneration im Alltag verloren gehen, auf dem Spielplatz versanden, im Plenum der Hausgemeinschaft ad absurdum geführt werden. Alles auszusprechen, ist offenbar keine Lösung, weggehen kann sie jedoch auch nicht, außerdem genießt sie ihre Privilegien. Sie feiert die Kindergeburtstage wie früher, wie Pippi Langstrumpf, doch der Kern der Utopie ist nicht mehr da. Und die bodentiefen Fenster machen den Alltag allzu durchsichtig. „Was Bodentiefe Fenster zu einem herausragenden Buch macht, ist die Weise, wie hier eine Erzählstimme versucht, zu einem anderen Sprechen und damit einer neuen Form von Identität und Gemeinschaft zu gelangen“ (ZEIT)
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