Schlösser auf einsamen Inseln und Bergeshöhen wurden zunehmend zum Lebens- und Herrschaftsinhalt des bayerischen Königs. Christine Tauber hat sich diese Fluchtburgen genauer angesehen und erzählt erstmals das Leben Ludwigs II. im Spiegel seiner Bauten. Ihr meisterhaft geschriebenes Buch ist zugleich ein einzigartiger Führer durch die Schlösser und die Traumwelt des "Kini". Ludwig II. (1845 – 1886) gehörte zu den glücklosen Herrschern des 19. Jahrhunderts, die an der Aufgabe scheiterten, in Zeiten politischer Modernisierung Monarchen sein zu müssen. Das Buch schildert anschaulich, wie der lichtscheue König versuchte, sein Leben mit Hilfe von Idealvorstellungen zu meistern, die ihm Richard Wagner einflüsterte. In Schlössern wie Neuschwanstein, Linderhof oder Herrenchiemsee mit ihren mittelalterlichen, französisch-absolutistischen, byzantinischen oder auch orientalischen Architekturen schuf er sich eine entrückte Gegenwelt zur politischen Realität. Nur in dieser selbstgeschaffenen Utopie konnte er noch als legitimer Alleinherrscher regieren. Christine Tauber gelingt es eindrucksvoll, die faszinierenden und verstörenden Phantasien des Königs wieder lebendig werden zu lassen. Wer ihr Buch gelesen hat, wird Ludwigs Schlösser und Parks mit anderen Augen sehen. „Mitunter wird der Text ein wenig allzu psychologisierend, wenn Tauber etwa Ludwigs Vorliebe für phantastisch ausgestaltete Grotten und Höhlen als Reaktion auf den verspürten Liebesentzug durch seine Mutter und die Suche nach künstlichen Schutzzonen deutet. Andere Interpretationen sind nachvollziehbarer, wenn Tauber etwa die Bautätigkeiten des Königs nicht als Eskapismus, sondern als hochpolitischen Akt bezeichnet. Als "Zeichen der Legitimation des monarchischen Prinzips in der ultimativen Form" in einem quasi geschichtslosen Raum, in dem Ludwig sich als Zeitgenosse der französischen Könige positionieren konnte. Für Tauber ist der Bayernkönig ein konservativer Utopist, der sich der Aufgabe verschrieben hatte, einen angeblichen Idealzustand wieder herzustellen. All dies wird ausführlich dargestellt und anhand architektonischer Vorbilder für Ludwigs Schlösser und der Literatur, die den König vermutlich beeinflusst hat, belegt. Tauber geht es nicht um den Geisteszustand des Herrschers - auch wenn sie ihm durchaus pathologische Züge bescheinigt - sondern um seine innere Logik, und tatsächlich scheint sie dem Monarchen mitunter erstaunlich nahe zu kommen. Nicht zuletzt macht ihr Buch große Lust, die Schlösser des Märchenkönigs zu besuchen und selbst einen Ausflug in dessen phantastische Welt zu unternehmen“ (dradio.de)
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