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  1. Kollateralschäden der Gerechtigkeit : das Krimigenre inszeniert Gerechtigkeit als Rechtsverstoß und personalisierte Gewalt als legitim ; eine konsequente Entwicklung

    Wenn dem Vater die Tochter abhanden kommt und das Rechtssystem weder helfen kann noch helfen will, dann ist zweifelsohne der Vater im Recht, wenn er sich - angefeuert von seiner geschiedenen Frau - selbstdazu ermächtigt, die Entführer zu verfolgen... mehr

     

    Wenn dem Vater die Tochter abhanden kommt und das Rechtssystem weder helfen kann noch helfen will, dann ist zweifelsohne der Vater im Recht, wenn er sich - angefeuert von seiner geschiedenen Frau - selbstdazu ermächtigt, die Entführer zu verfolgen und die Tochter zu befreien. Pierre Moreis Thriller '96 Stunden' (96 Hours, Frankreich 2008), der mit Liam Neeson in Sachen Gerechtigkeit prominent besetzt ist, inszeniert die väterliche Rettungsaktion aber nicht allein als legitime Selbsthilfeaktion, sondern als Gewaltorgie und Serienmord. Der vormalige Darsteller eines "Gerechten" (Schindler's List, USA 1993) zehrt offensichtlich in der öffentlichen Wahrnehmung von seiner großen Rolle und überträgt deren Auszeichnung anscheinend immer noch auf neue Rollen, wenngleich verstärkt in Umkehrungen. So war er bereits in 'Batman begins' (USA 2005) als selbstgerechter Kämpfer gegen das Böse in der Welt besetzt worden, der sich freilich gegen den nicht minder eigengesteuerten fledermausähnlichen Superhelden nicht nachhaltig durchzusetzen vermochte. Während sich der von Neeson vorgestellte Kämpfer für die Gerechtigkeit in 'Batman' aber offensichtlich verrannt hatte und mit seinen diabolischen Plänen knapp scheiterte, ist der Vater in '96 Stunden' sehr, sehr erfolgreich.

     

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  2. Architektur und Albtraum : Erkundungen zu Horrorhäusern, Geisterstädten und metaphysischen Türmen
    Autor*in: Voss, Dietmar

    Auf seiner Flucht aus dem Schreckenshaus seiner Ahnen träumt Clifford Pincheon (aus Nathaniel Hawthornes Roman The House of the Seven Gables von 1851) in der Eisenbahn von einem modernen Nomadentum, das einen vom Schicksal befreien könne: Statt sich... mehr

     

    Auf seiner Flucht aus dem Schreckenshaus seiner Ahnen träumt Clifford Pincheon (aus Nathaniel Hawthornes Roman The House of the Seven Gables von 1851) in der Eisenbahn von einem modernen Nomadentum, das einen vom Schicksal befreien könne: Statt sich zum "Gefangenen von Mauern, Backstein" zu machen, wird der Mensch der Zukunft "nirgends - oder besser - überall […] wohnen". Die Vision, sich vom konkreten Ort, von Geschichte zu befreien und gleichsam in der Zeit sesshaft zu werden, verwirklichte sich nicht allein in den silbernen, stromlinienförmigen Home-Trailern und Mobile Homes. Sie verwirklichte sich auf höherer Stufenleiter in den glänzend geschlossenen Spiegelglas-Türmen, die in den Machtzentren des Kapitals heute zunehmend dominieren. Die dunkel oder metallisch spiegelnden Türme wirken wie in heiliges Öl getaucht, rituell gesalbt, dabei jedoch nicht erhaben, sondern verführerisch, bezaubernd: Die fugenlos glatte, glitzernde Hülle aus Spiegelglas und Metall macht die Bauwerke zu Fetischen, phallischen Signifikanten, zu unsterblichen Ikonen einer Macht, deren innerstes Prinzip eine Ökonomie der Zeit ist. Das Kapital träumt seit je davon, sich vom irdischen Raum der Menschen zu befreien: Mit den Türmen - einer artifiziellen Raum-Enklave - gewinnt der Traum strahlend Gestalt. Hierin verdichtet sich gesellschaftlich und technologisch höchste Mobilität, erstarrt in reiner Gegenwart, der Zeitform der global players. Diese arbeiten an einem Schicksal, das jede Bindung an konkreten, irdischen Raum, an Familien und Völker, an vergangene Geschichte verloren hat. Das ist zweifellos unheimlich, doch auf ganz andere Art als das klassische Horrorhaus.

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Sozialwissenschaften (300); Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Turm <Motiv>; Haus <Motiv>; Raum <Motiv>; Architektur; Literatur
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  3. Lukrez in der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts

    Die großen Dichter der Römer haben in der abendländischen - und nicht zuletzt in der deutschen - Literatur des 20. Jahrhunderts ein äußerst produktives Nachleben genossen. In seinem 'Tod des Vergil' (1945) befasst sich Hermann Broch einfühlsam mit... mehr

     

    Die großen Dichter der Römer haben in der abendländischen - und nicht zuletzt in der deutschen - Literatur des 20. Jahrhunderts ein äußerst produktives Nachleben genossen. In seinem 'Tod des Vergil' (1945) befasst sich Hermann Broch einfühlsam mit Leben und Werk des Dichters der Äneis. In Christoph Ransmayrs 'Die letzte Welt' (1988) tritt Ovid als Person nie in Erscheinung, aber die Forschungen des Romanhelden enthüllen das problematische Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit im Leben Ovids während seines Exils im fernen Tomis und in den Erzählungen seiner Metamorphosen. Günter Grass' Roman örtlich betäubt (1969) bietet unter anderem eine einsichtsvolle Analyse der Bedeutung Senecas als Seismograph für jeweils drei Generationen von Deutschen der Bundesrepublik. Und Lukrez?

    Titus Lucretius Carus (circa 94-54 v.Chr.), der in der Geschichte der lateinischen Literatur als epischer Dichter neben, ja manchmal sogar über Vergil gestellt wird und vor allem als wichtigster Befürworter des Epikureismus im Rom des ersten Jahrhunderts v.Chr. galt, spielt in der Literatur des 20. Jahrhunderts kaum noch eine Rolle. Wenn auch die atomistischen und vermeintlich antireligiösen Lehren seines 'De Rerum Natura' während des christlichen Mittelalters abgelehnt wurden, schätzten ihn sogar seine Gegner als einen großen Sprachkünstler. Nach seiner Wiederentdeckung in der Renaissance wurde er zunehmend als Philosoph und Naturwissenschaftler geschätzt. Aber nachdem sein Einfluss im 19. Jahrhundert bei vielen Dichtern noch hochstand, wurde sein Name danach immer seltener erwähnt. Seit der wichtigen Vortragsreihe George Santayanas über Lucretius, Dante und Goethe - Three Philosophical Poets (1910) - haben sich zwar immer wieder akademische Philosophen mit seinem Denken befasst; aber die einzige ausführliche Studie über Lukrez und die Moderne kann nur wenige literarische Beispiele heranziehen: neben den Italienern Italo Calvino und Primo Levi und dem Österreicher Raoul Schrott, die im Vorübergehen erwähnt werden, werden nur einige anglo-amerikanische Dichter zitiert, die sich aber nie ausführlich mit Lukrez oder seinem Werk beschäftigen. In einer wichtigen deutschen Forschung zur Antikerezeption wird nach Goethe nur noch Heinrich Mann erwähnt, in dessen Roman 'Die Vollendung des Königs Henri Quatre' (1938) Zitate aus mehreren lateinischen Dichtern, einschließlich Lukrez, vorkommen.

    Warum dieses Schweigen?

     

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  4. Erinnerungen an die Revolution : Heiner Müllers "Quartett" und das Brecht'sche Lehrstück

    Die 70er Jahre stellen einen Wendepunkt in der dramaturgischen Produktion Heiner Müllers dar. Die Produktion dieser Zeit kontrastiert effektiv mit den Stücken der Frühzeit, die, wie 'Der Lohndrücker' (1958), 'Die Korrektur' (1958), 'Die Umsiedlerin'... mehr

     

    Die 70er Jahre stellen einen Wendepunkt in der dramaturgischen Produktion Heiner Müllers dar. Die Produktion dieser Zeit kontrastiert effektiv mit den Stücken der Frühzeit, die, wie 'Der Lohndrücker' (1958), 'Die Korrektur' (1958), 'Die Umsiedlerin' (1961) und 'Der Bau' (1965), aufgrund von umfassenden künstlerischen Referenzen auf Brechts episches Theater üblicherweise im Kontext des Aufbaus des realen Sozialismus in der DDR situiert werden. Spätere Stücke wiederum, wie beispielsweise 'Hamletmaschine' (1977), 'Der Auftrag' (1979) und 'Quartett' (1980), sind innerhalb einer Orthodoxie des pädagogischen Theaters schwer zu verstehen. Sie sind gekennzeichnet durch die Montage von Texten verschiedenen Ursprungs, durch die Tendenz zu Chören und Monologen zum Nachteil des Dialogs und hauptsächlich durch die Zerstückelung der Fabel als Organisatorin der dramatischen Einheit des Textes. Es ist symptomatisch, dass dieses Transformationsmoment sich nach der Kritik an der Fabel richtet, denn gerade sie wurde von Brecht als das Herzstück des pädagogischen Theaters verteidigt, das heißt, als eine privilegierte Art, dem Publikum die Künstlichkeit der Situationen und die Art ihrer Darstellung bewusst zu machen. In seinen vielen Bezugnahmen auf Brecht hat Müller immer wieder hervorgehoben (und kritisiert), wie stark das epische Theater von der Fabel abhing: Das war es, was vielen Brecht'schen Texten den Charakter einer Parabel gab und sie der klassischen Wesensart versicherte.

    Dieser Beitrag beabsichtigt zu zeigen, dass die Transformation von Müllers Theater in den 70er Jahren eng mit einer Abrechnung mit diesen Aspekten des Brecht'schen Theaters verbunden ist.

     

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  5. Vorstadt und Verfall : zur Figuration von Haus, Familie und Melancholie in John Cheevers Roman "Bullet Park"
    Autor*in: Bonn, Klaus

    Im Zuge der Neuübersetzung von 'Bullet Park' (1969) des US-Amerikaners John Cheever unter dem Titel 'Die Lichter von Bullet Park' (2011) beschäftigten sich auch die deutschen Feuilletons wieder mit der Bedeutsamkeit und Eigentümlichkeit dieses... mehr

     

    Im Zuge der Neuübersetzung von 'Bullet Park' (1969) des US-Amerikaners John Cheever unter dem Titel 'Die Lichter von Bullet Park' (2011) beschäftigten sich auch die deutschen Feuilletons wieder mit der Bedeutsamkeit und Eigentümlichkeit dieses Autors. Schließlich stand ein Jubiläum an - der hundertste Geburtstag im Jahr 2012. Die Reaktionen waren überschwänglich positiv. Vom Entlarven des verlogenen amerikanischen Traums war ebenso die Rede wie von einer überaus gelungenen Gesellschaftssatire. 'Bullet Park' ist vielleicht Cheevers bekanntester Roman, jedenfalls dürfte es sein einflussreichstes Buch sein. Zu erwähnen ist vor allem die amerikanische Fernsehserie Mad Men, deren erste Staffel seit 2010 auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland ausgestrahlt wurde und die auf Cheevers Roman als Vorlage zurückgreift.

    Klaus Harpprecht schrieb in der Wochenzeitung 'Die Zeit" bezüglich Cheevers, er habe ein treffendes Bild gezeichnet von dem "Milieu der middle class, die ihre eigene Dekadenz zu züchten verstand, […]". Wenn Dekadenz als notwendige Konsequenz des Lebens in einer US-amerikanischen Vorstadt verstanden wird, als unvermeidbar zum Dasein in der Abschottung eines nahezu geschlossenen Wohnkomplexes gehörend, dann legt Cheevers Roman Symptome einer dort florierenden Dekadenz der 1960er Jahre bloß. Alexander Schimmelbusch ging in seinem Beitrag in 'der Freitag' näher auf die Widersprüchlichkeit ein, die das Leben in der 'suburb' charakterisiert. Er erinnerte daran, dass Cheever im Jahr 1945 mit seiner Frau und der zweijährigen Tochter an die Upper East Side New Yorks gezogen war. Nach der Geburt des zweiten Kindes bot die ohnehin zu teure Wohnung nicht mehr Platz genug für die vierköpfige Familie, und ein Umzug in die Vorstadt, nach Westchester, stand an, genauer "in einen ehemaligen Geräteschuppen am Rande eines großen Anwesens", wo zuvor bereits Richard Yates gewohnt hatte. Das war im Jahr 1951. Kurze Zeit später hat die Familie dann ein Haus bezogen.

    Die Vorstadt ist Mythos und Alptraum zugleich.

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Amerikanische Literatur in in Englisch (810)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Cheever, John; Bullet Park; Konfiguration <Künste>; Vorstadt <Motiv>; Haus <Motiv>; Familie <Motiv>
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  6. Text und Experiment : die Experimentalszene als mediale Konfiguration im Werk E. T. A. Hoffmanns

    Im literarischen Werk E.T.A. Hoffmanns nimmt das Experiment eine besondere Stellung ein. Wissenschaftliche oder parawissenschaftliche - auch alchemistische - Experimente kommen in seinem OEuvre an vielen Stellen explizit zur Sprache. In der zweiten... mehr

     

    Im literarischen Werk E.T.A. Hoffmanns nimmt das Experiment eine besondere Stellung ein. Wissenschaftliche oder parawissenschaftliche - auch alchemistische - Experimente kommen in seinem OEuvre an vielen Stellen explizit zur Sprache. In der zweiten Vigilie des bekannten 'Goldenen Topf', beispielsweise stellt der Registrator Heerbrand den geheimen Archivarius Lindhorst zunächst als einen "experimentierenden Chemiker" vor. In dem Märchen 'Klein Zaches genannt Zinnober' unternimmt der Professor Mosch Terpin so manch "physikalisches Experiment". In den Gesprächen der Serapions-Brüder ist unter anderem vom "Experiment" des Magnetismus die Rede, und in der späten Erzählung 'Der Elementargeist' kommt es noch zu einem sehr ausgiebig beschriebenen "Experiment". Dies sind lediglich vereinzelte Beispiele, die einen ersten Einblick bieten. Das "Experiment" an sich stellt ein rekurrentes Motiv des Gesamtwerks Hoffmanns dar. Wie lässt sich diese Präsenz und Prägnanz des Experimentalmoments kontextualisieren? Wie lässt sie sich begründen? Und zunächst auch: Welche Verbindungen ergeben sich genereller aus dem Zusammenhang von Literatur und Experiment?

    Mit der Konstellation "Text und Experiment" ist ein Themenfeld bezeichnet, das als Schnittfläche zwischen wissenschaftsgeschichtlichen und literaturhistorischen Fragestellungen heute kein unerforschtes Gebiet darstellt. Zu den Verbindungen zwischen Experiment und literarischer Konfiguration liegt mit dem von Michael Gamper herausgegebenen Band 'Experiment und Literatur' sowie der grundlegenden, dreibändigen literaturgeschichtlichen Buchfolge zu dem Thema inzwischen eine imposante Reihe wissenschaftlicher Werke vor. Die genannten Bände stecken Grundlagen ab, liefern Einzelanalysen und geben darüber hinaus Impulse und Anregungen für die weitere Beschäftigung mit dem Gegenstand.

     

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  7. Essayistische Weltanschauungssuche durch Literaturkritik : Versuch einer neuen Lektüre von Georg Lukács' "Die Seele und die Formen" / Konstantinos Kavoulakos

    In der vorhandenen Sekundärliteratur zu Georg Lukács' "vormarxistischem" Frühwerk findet man allzu oft Interpretationen, die - wie Christian Schneider einmal treffend notierte - "einsinnig auf den Zügen von Lukács' theoretischer Physiognomik"... mehr

     

    In der vorhandenen Sekundärliteratur zu Georg Lukács' "vormarxistischem" Frühwerk findet man allzu oft Interpretationen, die - wie Christian Schneider einmal treffend notierte - "einsinnig auf den Zügen von Lukács' theoretischer Physiognomik" insistieren, "die eine lineare Konstruktion des Gesamtbilds erlauben". Manchmal zeitigte zwar diese Forschungslinie wichtige Befunde - aus heutiger Sicht muss sie aber als unangemessen betrachtet werden, da sie den Fokus der Interpretation verengte: Unabhängig davon, von welcher ideologischen Warte aus Lukács' marxistische Wende Ende 1918 positiv oder negativ beurteilt wurde, suchte man aus dem Frühwerk hauptsächlich diejenigen Elemente heraus, die seine Entwicklung zum späteren marxistischen Werk dem Anschein nach verständlich machten. Gleichwohl kann man vielleicht nach dem Ende des Kalten Krieges ohne Vorentscheidungen an die frühen Texte Lukács' herangehen; man kann zumindest versuchen, sie neu zu verstehen, was sich eventuell von Vorteil auch für ein neues Verständnis seiner späteren intellektuellen Entwicklung erweisen könnte. Das Frühwerk Lukács' ist geprägt von einer inneren Verbindung zwischen einer starken kulturkritischen Empfindlichkeit und einem lebhaften literaturwissenschaftlichen Interesse. Lukács' Hauptidee ist einfach: Er diagnostiziert eine grundlegende Problematik der modernen Kultur, deren Widerspiegelungen an den modernen literarischen Formen "abgelesen" werden können. Letztere sind von derselben romantischen "Frivolität" wie das relativistische Zeitalter charakterisiert, in dem sie erscheinen. Diese Entsprechung zwischen der Problematik der modernen literarischen Formen und der modernen Sozial- und Kulturstrukturen war schon Lukács' Leitidee in seinem Erstlingswerk 'Entwicklungsgeschichte des modernen Dramas'. In seinem zweiten Buch 'Die Seele und die Formen' - das neben der Theorie des Romans von 1916 zu den berühmtesten seines Frühwerks zählt -, versuchte er dann durch eine "metaphysische Vertiefung" die weltanschaulichen Kriterien seiner Kulturkritik der Moderne essayistisch zu untermauern. Im Folgenden möchte ich mich auf diesen Essayband konzentrieren, um - gestützt auf die Interpretationslinie, die ich anderswo umrissen habe - eine neue, umfassende Lektüre dieses Werks vorzuschlagen.

     

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  8. "Weiter kann man kaum noch gehen, um zu veranschaulichen, dass das, was man erzählen will, eigentlich unerzählbar ist" : die schwedischen Essays von Peter Weiss

    Zu den zahlreichen kritischen Intellektuellen, die im 20. Jahrhundert den Essay als kritisches Instrument erprobt haben, gehört – neben Robert Musil, Heinrich Mann, Jean-Paul Sartre, Theodor W. Adorno und Herbert Marcuse - auch Peter Weiss. Seine... mehr

     

    Zu den zahlreichen kritischen Intellektuellen, die im 20. Jahrhundert den Essay als kritisches Instrument erprobt haben, gehört – neben Robert Musil, Heinrich Mann, Jean-Paul Sartre, Theodor W. Adorno und Herbert Marcuse - auch Peter Weiss. Seine berichterstattende Prosa, die 1968 und 1971 in zwei Bänden erschien, nannte Weiss "Rapporte". Die Rapporte-Bände wurden offensichtlich auf Initiative des Autors veröffentlicht, was einem Hinweis auf einen verschollenen Brief des Autors an seinen Verleger Siegfried Unseld zu entnehmen ist. Die Rapporte umfassen nicht nur Essays, sondern auch Reden, politische Stellungnahmen und offene Briefe. Der erste Band enthält neun kürzere Texte, die 1960 bis 1965 in literarischen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht wurden. Der zweite Band mit seinen dreizehn Pamphleten zur aktuellen Tagespolitik hat einen ausgesprochen politischen Charakter. Die Notizbücher, die in zwei Teilen veröffentlicht wurden, bieten eine Art Fortsetzung der Rapporte, aber in verkürzter Form. Eine Sammlung essayistischer Arbeiten liegt mit Rekonvaleszenz vor, einem Buch, das während eines Krankenhausaufenthaltes nach dem ersten Herzinfarkt 1970 entstand. Darin äußert sich Weiss zur Tagespolitik, Kunst und Literatur, aber auch zu spezifisch schwedischen Phänomenen, etwa dem Niederreißen der alten Bausubstanz Stockholms. Auch das erzählerische Werk des Autors, vor allem 'Die Ästhetik des Widerstands' (1975-1981), trägt ausgeprägt essayistische Züge. So wurde in der Sekundärliteratur etwa bezweifelt, dass es sich bei Weiss' Magnum Opus um einen Roman handele. Vielmehr entziehe sich 'Die Ästhetik des Widerstands' jeglicher Gattungsbestimmung; dieses Werk sei ein essayistisches Gebilde: "Die Gattungsbezeichnung 'Roman' wird diesem nicht gerecht, handelt es sich doch kaum um Figurenkonstellation, Charakterentwicklung, Handlungsstrukturen, sondern eher um Abhandlung, Essay, Traktat, um kunsttheoretische, politische und wissenschaftliche Überlegungen mehr als um erzählerische Ausfabulierung eines Gesellschaftspanoramas oder eines individuellen Konflikts." Nun ist aber gerade das essayistische Werk des Autors in der Weiss-Forschung eher stiefmütterlich behandelt worden.

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830); Andere germanische Literaturen (839)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Weiss, Peter; Essay; Essayist; Schwedisch
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  9. Zur Philosophie des Umwegs bei Ernst Bloch

    Wer freiwillig Umwege geht, versucht den Raum nicht zu dominieren oder schnellstmöglich von Punkt A nach Punkt B zu durchqueren; vielmehr geht er spielerisch und lustvoll auf die Landschaft ein, lässt sich von ihr leiten, indem er sich dem Eros ihrer... mehr

     

    Wer freiwillig Umwege geht, versucht den Raum nicht zu dominieren oder schnellstmöglich von Punkt A nach Punkt B zu durchqueren; vielmehr geht er spielerisch und lustvoll auf die Landschaft ein, lässt sich von ihr leiten, indem er sich dem Eros ihrer Tiefe und Weite ausliefert. Der Umweg zwingt zur Langsamkeit. Er verführt den Leib stärker zur Genauigkeit der Wahrnehmung und zur Konkretheit der Erfahrung. Wer ihn eilend auf dem kürzesten Weg zu durchqueren versucht, sieht den Raum hingegen bloß als ein abstraktes Hindernis, das es zu überwinden gilt. Während die direkte Bewegung von Punkt A nach Punkt B eine endliche Strecke definiert, entwirft der Umweg einen reversiblen, unabschließbaren und prinzipiell unendlichen Raum. Die Umwegigkeit spielt mit dem Raum, bricht ihn ironisch, sie verzichtet auf die Strenge und Ernsthaftigkeit der geraden Linie und des direkten Weges.

     

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  10. Anfangen

    En arche en ho logos, im Anfang war der Logos (Joh 1,1); darüber kann man streiten, insofern es Theologie ist, sagte man aber, es seien die Logiken (oder doch logoi) in den Anfängen, in den methodisch je neuen Versuchen gelegen, so beschriebe man die... mehr

     

    En arche en ho logos, im Anfang war der Logos (Joh 1,1); darüber kann man streiten, insofern es Theologie ist, sagte man aber, es seien die Logiken (oder doch logoi) in den Anfängen, in den methodisch je neuen Versuchen gelegen, so beschriebe man die Morgenröten des Intellekts, die vielleicht auch in präsumptiver Summa und der Spannung das ergeben, was man den Logos nennen könnte. Man beginnt also so: etwa mit einem Wort, das noch ungewiss ist, oder einem Zitat …

    Tatsächlich mag es dies sein, was uns Gedichte bis heute bedeutsam macht. In ihnen beginnt etwas, drückt man es so sachlich wie möglich aus, so generieren sie wohl Methoden. Mit einem unsäglichen Wort der Gegenwartspädagogik könnte man sie vorwissenschaftlich heißen.

    Wissenschaft verfügt über Methodik, sie setzt sich einem Risiko aus, wenn sie eine neue erfindet, so gewiss auch ist, dass erst die neue Methode - die neue Frage - einen neuen Respons hervorrufen kann. Dieses Vortasten aber ist in Zeiten des Drittmittelfinanzierens und Evaluierens bedroht; und damit womöglich die Forschung nur mehr ein um Perfektibilität ringendes Sich-Wiederholen. Einzig das Kühne in den Versprechen zu Beginn einzelner Projekte erinnert vage an die kühnen Erwartungen der Naturpoesie, als deren Erben man dereinst folglich manche Projektmittelanträge vielleicht entdecken wird …

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Poetik; Anfang; Methode; Wissenschaft
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  11. Der Mediävist und der Enzyklopädist : zum Wirken von Peter Wapnewski und Karlheinz Barck

    Der Mediävist Peter Wapnewski hatte seine Hörer, seine Leser des unvergleichlichen Glanzes der Dichtung zur Zeit der Staufer versichert, hatte nach der Schändung der deutschen Kultur durch die Nationalsozialisten wieder die Herkunft, das Werden, die... mehr

     

    Der Mediävist Peter Wapnewski hatte seine Hörer, seine Leser des unvergleichlichen Glanzes der Dichtung zur Zeit der Staufer versichert, hatte nach der Schändung der deutschen Kultur durch die Nationalsozialisten wieder die Herkunft, das Werden, die Schönheit der ersten deutschen Sprache gegenwärtig gemacht. Wollten die Deutschen ihr Land wiederaufbauen, so sollten sie ihre Sprache in der Dichtung gereinigt als Anspruch an ihr eigenes Leben wiederfinden. Das Thomas Mann verbundene Wort vom "Adel des Geistes" bewahrte Wapnewski, hanseatisch geprägt auch er durch seine Jugend in Kiel, 1922 dort geboren. Der zwölf Jahre jüngere Karlheinz Barck, in Quedlinburg aufgewachsen, den Harz im Rücken, maß als Romanist den Sprachraum aus, den Baudelaire, den Lautréamont und Rimbaud vor und nach der Pariser Commune gewonnen hatten, um dieses Potential, das die Surrealisten zur Welt machten, als einen Handlungsraum in der geschlossenen DDR zu begreifen und einzusetzen: Rimbauds Aufforderung zur "Entgrenzung aller Sinne" folgend.

    Was sie beide über die in ihren Texten und Büchern vermittelte Freude an ihren Entdeckungen hinaus auszeichnete, war ihr Einsatz für die anderen, die Vermittlung, das Interesse an der Auseinandersetzung. Sie verliehen zwei in Berlin neu gegründeten akademischen Instituten die spezifische Prägung durch ihr jeweils eigenes Vermögen, Geistes- wie Naturwissenschaftler und Künstler zusammenzuführen. Mit dem Wirken an diesen Instituten erfüllte sich ihre Lebensaufgabe.

     

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  12. Die "tendresse amoureuse" : zur Liebesdidaktik des empfindsamen Theaters

    In seinem überaus einflussreichen mehrbändigen Standardwerk mit dem schlichten Titel Empfindsamkeit von 1974 ging Gerhard Sauder davon aus, dass "die Empfindsamkeit eine spezifisch bürgerliche Tendenz [habe] und im Zusammenhang mit der Emanzipation... mehr

     

    In seinem überaus einflussreichen mehrbändigen Standardwerk mit dem schlichten Titel Empfindsamkeit von 1974 ging Gerhard Sauder davon aus, dass "die Empfindsamkeit eine spezifisch bürgerliche Tendenz [habe] und im Zusammenhang mit der Emanzipation des Bürgertums im 18. Jahrhundert zu sehen sei." Mit dieser Definition orientierte sich Sauder an der alten These Fritz Brüggemanns vom "Anbruch der Gefühlskultur in den fünfziger Jahren" des 18. Jahrhunderts, im Zuge deren "der bürgerliche Tugendbegriff mit dem sentimentalen Gefühl durchsetzt" werde. Dass diese These einer genuin bürgerlichen Gefühlskultur problematisch ist, verdeutlicht ein Blick auf die Kategorie der Zärtlichkeit, die in beiden Studien eine zentrale Funktion innehat. Sie kennzeichnet bei Sauder eine erste Phase der Empfindsamkeit bzw. die "erstmals deutlich zutage tretende empfindsame Tendenz", wobei Sauder als "akzeptable Datierung" dieser ersten Phase einer zärtlichen Empfindsamkeit im Anschluss an Brüggemann "das Jahrzehnt 1740-50" vorschlug.

    Dank neuerer französischer Studien zur Geschichte der Liebesehe (mariage amoureux) im Frankreich des frühen 16. und 17. Jahrhunderts, wie sie insbesondere die Historiker Jean-Louis Flandrin und in der Folge Maurice Daumas vorlegten, wissen wir heute um die Problematik dieser für die Forschung zum 18. Jahrhundert äußerst einflussreichen Datierungen Sauders. Flandrin untersuchte die Positivierung der innerehelichen Sexualität zu Beginn des 17. Jahrhunderts, die sich um diese Zeit zunehmend von der Augusteischen Gnaden- und Sündenlehre zu lösen und zu emanzipieren begann. Im Anschluss an Flandrin entwickelte Daumas seine Genealogie einer tendresse amoureuse, der Entstehung von durch zärtliche Liebe geprägten ehelichen Verbindungen zwischen den Geschlechtern, die er auf den gleichen Zeitraum datierte. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts fokussieren Abhandlungen über die Ehe also weniger auf die Vorschriften sexueller Praktiken als vielmehr die emotionale Beziehung zwischen Mann und Frau. Verschiedene Faktoren verbessern das Bild der Ehe, die insbesondere gegen Ende der Herrschaft von Louis XIII. (1601-1643) zunehmend zu einer "Liebe als Passion" im Sinne einer Liebesehe wird, also unter das Vorzeichen der Zärtlichkeit rückt.

     

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    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Bühnenkunst (792); Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
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    Schlagworte: Liebe <Motiv>; Empfindsamkeit; Drama; Theater
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  13. Umschreiben des Sündenfalls : heilige Poesie zwischen Malerei und Historiographie in Klopstocks Gemälde-Metapher in "Von der heiligen Poesie"

    August von Platen notiert 1816 nach der Lektüre von John Miltons Paradise Lost (1667) in das Memorandum meines Lebens, dass ihm Milton "[a]m glücklichsten […] in seinen eigenen Erfindungen [erscheint], […] weniger interessant ist es mir, wo er nur... mehr

     

    August von Platen notiert 1816 nach der Lektüre von John Miltons Paradise Lost (1667) in das Memorandum meines Lebens, dass ihm Milton "[a]m glücklichsten […] in seinen eigenen Erfindungen [erscheint], […] weniger interessant ist es mir, wo er nur die Bibel nacherzählt." Die in Platens Tagebucheintrag zu lesende Kritik an Miltons Epos ist rein-ästhetischer Natur. Die Differenz zwischen 'eigenen Erfindungen' und der Nacherzählung der Bibel betrifft die Heilige Poesie selbst aber freilich tiefgreifender. Hier führt das Spannungsverhältnis zwischen Poiesis und Nacherzählung zu einem komplexen Legitimationsbedürfnis, ob und wieweit das mythische Wort Gottes, von dem die Heilige Schrift zeugt, in der Heiligen Poesie ausgeführt werden darf.

    Meiner These zufolge ist das in 'Paradise Lost' zu findende Sujet des Sündenfalls für die Problemstellung der Heiligen Poesie im Allgemeinen exemplarisch. Es fällt auf, dass sich das an der Heiligen Poesie abzulesende Spannungsverhältnis zwischen dem autoritativen Wort Gottes und der poetischen Freiheit strukturanalog im Sündenfall der Genesis widerspiegelt. Denn so, wie die anthropologischen Überlegungen der Genesis und ihre im 18. Jahrhundert frequente Bearbeitung in der Aufklärungsphilosophie den Menschen zwischen Gehorsam und Freiheit situieren, so verortet sich offenbar auch die Heilige Poesie zwischen den Fronten der religiösen Heteronomie und der poetischen Autonomie.

     

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  14. Engel : Figuren der Sprache

    Engel sprechen. Sie sind, in allen ihren Erscheinungsformen und in beinahe allen Religionen, stets An- und Verkündiger, Vermittler und Boten. Somit besteht ein tiefer Zusammenhang zwischen Engelfiguren und den Problemen der Vermittlung und der... mehr

     

    Engel sprechen. Sie sind, in allen ihren Erscheinungsformen und in beinahe allen Religionen, stets An- und Verkündiger, Vermittler und Boten. Somit besteht ein tiefer Zusammenhang zwischen Engelfiguren und den Problemen der Vermittlung und der Übertragung, der Relationalität und der Medialität, die die Sprache ausmachen.

    Deshalb möchte ich im Folgenden verschiedene Engelfiguren als Figuren der Sprache betrachten. Dafür werde ich in drei Schritten vorgehen und anhand verschiedener theoretischer und literarischer Texte untersuchen, wie die Engelfiguren in ihnen jeweils spezifische Probleme der Sprache verkörpern. Zunächst soll unter Rückgriff auf Michel de Certeaus Essay 'Le parler angélique' (1985) anhand einer Verkündigungsszene aus dem neutestamentlichen Evangelium nach Matthäus deutlich gemacht werden, dass sich die Rede des Engels als Figuration des Sprechaktes selbst lesen lässt. Sodann werde ich die Tradition des angelus interpres, des Deute-Engels, anhand des biblischen Prophetenbuches Sacharja und in der apokryphen Metatron-Sage im sog. Hebräischen Henochbuch umreißen.

    Abschließend soll ausgehend von Michel Serres' philosophisch-literarischem Werk 'La légende des anges' (1993) dargestellt werden, dass die Engelrede auch im Wortsinn als Sprach-Figur verstanden werden kann, nämlich als die rhetorische Figur der Prosopopöie, und dass sie als solche zutiefst literarisch ist.

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Engel; Sprache; Engel <Motiv>; Literatur
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  15. Vom Urvater zum Prothesengott : Freuds Technikanthropologie und ihr religionspsychologisches Fundament

    "Eigentlich können wir auf nichts verzichten, wir vertauschen nur eines mit dem andern; was ein Verzicht zu sein scheint, ist in Wirklichkeit eine Ersatz- oder Surrogatbildung." Die kühne Behauptung, mit der Sigmund Freud in seiner Abhandlung 'Der... mehr

     

    "Eigentlich können wir auf nichts verzichten, wir vertauschen nur eines mit dem andern; was ein Verzicht zu sein scheint, ist in Wirklichkeit eine Ersatz- oder Surrogatbildung." Die kühne Behauptung, mit der Sigmund Freud in seiner Abhandlung 'Der Dichter und das Phantasieren' (1908) dem Leser entgegentritt, fand er unter anderem im Rauchen bestätigt. Es sei ein Ersatz für die Onanie, den Prototyp aller Süchte, so erklärte er, der Raucher par excellence, der bereits in jungen Jahren nikotinabhängig war und es bis zum Ende seines Lebens bleiben sollte - und dies, obgleich er im Alter von 67 Jahren, aller Wahrscheinlichkeit nach seines exzessiven Tabakkonsums wegen, an Gaumenkrebs erkrankte. Infolgedessen musste er sich zahlreichen, zum Teil schweren Operationen unterziehen, bei denen eine Resektion des größeren Teils des rechten Oberkiefers, eines beträchtlichen Teils des Unterkiefers, des rechten weichen Gaumens sowie der Backen- und Zungenschleimhaut vorgenommen wurde. Seitdem musste Freud eine Kieferprothese tragen, die für ihn zu einer niemals versiegenden Quelle von Schmerzen und anderem Ungemach wurde.

    Angesichts seiner leidigen Erfahrungen mit dem "Ungeheuer" dürfte kein allzu großer Zweifel daran bestehen, dass Freud sehr genau wusste, was er unter einer Prothese zu verstehen hatte - und zwar das, was auch die landläufige Meinung in ihr erkennt: einen künstlichen Ersatz, der an das unwiederbringlich verloren gegangene Ersetzte nicht im Mindestens heranreicht, es durch seine Defizienz ihm gegenüber jedoch stetig präsent hält und somit gleichsam zum Anwesend-Abwesenden werden lässt. Dass der Prothese eine auf Ergänzung, Erweiterung oder gar Verbesserung des Bestehenden abzielende Qualität innewohnen könnte - immerhin geht der Begriff nicht zuletzt auf das griechische prósthesis ("das Hinzufügen") zurück -, bleibt hierbei komplett außen vor. Und doch fällt, wenn ebendiese Qualität zur Sprache kommt bzw. vom so genannten prosthetic impulse die Rede ist, mit schöner Regelmäßigkeit der Name Freuds, was sich einer Passage, oder vielleicht sollte man besser sagen: einer Lesart einer Passage aus dessen 1930 erschienenem Spätwerk 'Das Unbehagen in der Kultur' verdankt, in welcher der mit seinen technischen "Hilfsorgane[n]" ausgestattete Mensch als "eine Art Prothesengott" tituliert wird.

     

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  16. Jugend und Welt : zwei Jugend-Jahrbücher, herausgegeben von Rudolf Arnheim und Edith Jacobsohn

    1928 und 1929 erschienen zwei Jahrbücher für Kinder und Jugendliche unter dem Titel 'Jugend und Welt', herausgegeben von Rudolf Arnheim und, unter ihrem Geburtsnamen E. L. Schiffer, von Edith Jacobsohn; zu den Herausgebern zählte im ersten Jahrgang... mehr

     

    1928 und 1929 erschienen zwei Jahrbücher für Kinder und Jugendliche unter dem Titel 'Jugend und Welt', herausgegeben von Rudolf Arnheim und, unter ihrem Geburtsnamen E. L. Schiffer, von Edith Jacobsohn; zu den Herausgebern zählte im ersten Jahrgang zudem noch Cläre With, die vor allem durch Beschreibungen ferner Länder und während der Nazi-Jahre als Schriftleiterin der Zeitschrift 'Koralle' bekannt wurde. Ausgeliefert wurden die Bücher, wie die beiden Rezensionen in der Weltbühne zeigen, offenbar schon Ende 1927 und 1928, damit sie noch in den Weihnachtsverkauf kommen konnten. Kinder- und Jugendliteratur wurden sehr lange als eine Art niedriger und dem klassischen Kanon nicht zugehörige Literatur angesehen. Fast könnte man sagen, sie sei als eine Art Gebrauchsliteratur angesehen worden, wurden die Bücher doch von den Kindern oft bemalt, wenig pfleglich behandelt und später sehr oft einfach weggeworfen. Nur selten fanden diese Bücher den Weg in eine öffentliche Bibliothek, auf dem Antiquariatsmarkt waren dagegen gut erhaltene Exemplare für Liebhaber sehr teuer - was auch für die beiden Bände 'Jugend und Welt' gilt. Dennoch überrascht es, dass sie in das außerordentlich umfangreiche Gesamtverzeichnis der deutschen Kinder- und Jugendliteratur, das Aiga Klotz 1990 bis 2000 herausgegeben hat, nicht aufgenommen wurden. Einige Texte bekannter Personen aus Literatur und Publizistik, die hier zu finden sind, wurden inzwischen nachgedruckt oder bibliographisch erfasst, die Jahrbücher selbst aber blieben unbeachtet.

     

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  17. Weimarer Beiträge 57/2011

    Die Weimarer Beiträge sind eine Zeitschrift für Literaturwissenschaft, aktuelle ästhetische Theorie und Kulturwissenschaft. Zu Ihren Schwerpunkten gehören moderne Literatur im Rahmen anderer Künste und Medien, die Wechselbeziehungen von Literatur,... mehr

     

    Die Weimarer Beiträge sind eine Zeitschrift für Literaturwissenschaft, aktuelle ästhetische Theorie und Kulturwissenschaft. Zu Ihren Schwerpunkten gehören moderne Literatur im Rahmen anderer Künste und Medien, die Wechselbeziehungen von Literatur, philosophischer und ästhetischer Reflexion sowie die kritische Analyse der Gegenwartskultur.

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teile des Periodikums; PeriodicalPart
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Literaturwissenschaft; Ästhetik; Kulturwissenschaften; Literaturtheorie; Kulturphilosophie; Kultur
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  18. Kolonialismus und Holocaust im literarischen Diskurs : Ilse Aichinger und Joseph Conrad

    Mehr als einmal hat Ilse Aichinger in den vergangenen Jahrzehnten ihre Vorliebe für Joseph Conrad bekannt: "Ich lese immer wieder Joseph Conrad, obwohl mich weder die Gegenden noch die Handlungen seiner Romane im geringsten interessieren", erklärte... mehr

     

    Mehr als einmal hat Ilse Aichinger in den vergangenen Jahrzehnten ihre Vorliebe für Joseph Conrad bekannt: "Ich lese immer wieder Joseph Conrad, obwohl mich weder die Gegenden noch die Handlungen seiner Romane im geringsten interessieren", erklärte sie beispielsweise in einem Interview von 1996. Bereits in einem Fragebogen von 1993 hatte sie auf die Frage nach ihrem "Lieblingsschriftsteller: Joseph Conrad" genannt, und, daß er "zu meinen Liebsten gehört", unterstreicht Aichinger nochmals in einem weiteren Interview zehn Jahre später. Diese gelegentlichen, aber kontinuierlich wiederholten Äußerungen verweisen auf eine bemerkenswerte literarische Genealogie (auf Conrad beziehen sich unter anderen Andre Gidé, T. S. Eliot, Graham Greene, Ernest Hemingway ebenso wie zahlreiche Autoren der Gegenwartsliteratur, so etwa Italo Calvino, V. S. Naipaul, J. M. Coetzee, W. G. Sebald).

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Aichinger, Ilse; Conrad, Joseph; Kolonialismus <Motiv>; Judenvernichtung <Motiv>
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  19. Deterritorialisierte Räume : Katharina Hackers "Die Habenichtse" und Terézia Moras "Alle Tage" im Spiegel des Globalisierungsdiskurses

    Im Zuge des Postkolonialismus ist die Migrationsliteratur ein eigenständiges Arbeitsfeld literaturwissenschaftlicher Praxis geworden. Viele Artikel, etliche Sammelbände, einige Monographien und Handbücher widmen sich sowohl Literatur von Migrantinnen... mehr

     

    Im Zuge des Postkolonialismus ist die Migrationsliteratur ein eigenständiges Arbeitsfeld literaturwissenschaftlicher Praxis geworden. Viele Artikel, etliche Sammelbände, einige Monographien und Handbücher widmen sich sowohl Literatur von Migrantinnen und Migranten als auch Literatur, die Migration thematisiert. Migration wird in diesen diversen Beiträgen überwiegend in einem kulturwissenschaftlichen Paradigma analysiert, das im Begriff der 'interkulturellen Literatur' sogar die Bezeichnung des Untersuchungsgegenstands prägt. Migration wird insofern vorrangig auf Fragen der kulturellen Identität bezogen. Verstanden wird Migrationsliteratur als Vehikel, das kulturelle Differenzen erfahrbar macht. Die verschiedenen Kulturen der Migration bezeugen in diesem Szenario den hybriden Status kultureller Räume, der die Dichotomie zwischen Fremdem und Eigenem unterläuft. Die performative Dimension kultureller Identitäten wird oftmals ins Zentrum der Untersuchung gestellt. Dies gilt auch in Bezug auf die 'Leitkultur'. Denn Fragen nach der Zugehörigkeit von Autorinnen und Autoren mit beispielsweise türkischem Migrationshintergrund zum 'deutschen' Kanon irritieren feste Identitätszuschreibungen. Manuela Günter zufolge liegt die kulturelle Leistung des Hybriden genau in dieser Irritation: "Was die neuere 'deutsch-türkische' Literatur der deutschen Kultur aufgibt, ist nichts weniger als das Problem, wie sie sich selbst als soziale Einheit konstituiert". Migrationsliteratur wird so zum Stachel im Fleische literaturwissenschaftlicher Einheitsphantasien. Der Postkolonialismus hat ohne Zweifel einen wichtigen Beitrag zur literaturwissenschaftlichen Analyse der Migrationsliteratur geleistet: Ein dynamischer und performativer Kulturbegriff ist entwickelt sowie die Heterogenität und Hybridität von Kultur betont worden.

     

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  20. Das Land, wo keine Gastarbeiter blühen, oder: 200 Jahre Italiensehnsucht
    Autor*in: Cerri, Chiara

    Daß in Italien im Laufe der Jahrhunderte nicht nur "Zitronen" und "Orangen", sondern auch - mit "vollkommener Unverschämtheit" - "Pomeranzen", "Anemonen", "Faschisten" und sogar "Zertissen" blühten, mag jedem Literaturwissenschaftler, der sich... mehr

     

    Daß in Italien im Laufe der Jahrhunderte nicht nur "Zitronen" und "Orangen", sondern auch - mit "vollkommener Unverschämtheit" - "Pomeranzen", "Anemonen", "Faschisten" und sogar "Zertissen" blühten, mag jedem Literaturwissenschaftler, der sich entweder mit parodistischen Texten oder mit dem Thema der Italienreise beschäftigt (hat), bekannt sein. Aber daß dort auch einmal Gastarbeiter (nicht) haben blühen können, mutet vielleicht etwas unerwartet an. Die chronologisch jüngste Parodie zu Goethes berühmtem Mignon-Lied ist tatsächlich eine weitgehend unbekannte und erschien lautlos in der 1984 veröffentlichten Gedichtsammlung 'Mein fremder Alltag' vom italienischen deutschschreibenden Dichter Gino Chiellino.

     

    Hier Chiellinos Parodie 'Listige Gesichter' / (für J.W.v.G. in voller Wut):

     

    Weißt du von einem Land, wo

    das Leben billig, sehr billig für dich ist

    und Sonne dazu?

     

    Siehst du das Land

    durch das du mit dem Film im Kopf

    die Kamera am Hals

    von der Sonnenbrille abgeschirmt

    läufst?

    Frauen am Fluß

    Männer auf der Piazza

    Kinder, die im Dreck spielen

    listige Gesichter

    auf leuchtenden Dias

    stillen deine ästhetische

    Sehnsucht nach Armut.

     

    Nicht dies,

    nicht dies ist das Land

    wo die Gastarbeiter blühen!

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Goethe, Johann Wolfgang von; Kennst du das Land? wo die Citronen blühn; Parodie; Rezeption
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  21. Kassiber der Zustimmung : Christa Wolfs "Der geteilte Himmel" und die narrative Codierung von Individualität im Literatursystem der DDR

    Die parteiamtliche Kulturpolitik der Deutschen Demokratischen Republik hat der Literatur mit Beginn der Eigenstaatlichkeit der DDR das Ziel gesetzt, eine eigene "sozialistische Nationalliteratur" zu schaffen, die dem neu gegründeten Staat durch... mehr

     

    Die parteiamtliche Kulturpolitik der Deutschen Demokratischen Republik hat der Literatur mit Beginn der Eigenstaatlichkeit der DDR das Ziel gesetzt, eine eigene "sozialistische Nationalliteratur" zu schaffen, die dem neu gegründeten Staat durch Bereitstellung kollektiv verbindlicher Narrative gesellschaftlichen Rückhalt verleihen soll. In der Tat hat die DDR nicht nur ein literarisches Feld mit groben Unterschieden zur Bundesrepublik hervorgebracht, sondern auch eine Literatur, die insbesondere im Bereich der Epik seit den sechziger Jahren als solche "klar konturiert" ist. Diese Literatur - ich beschränke mich im folgenden gattungsmäßig auf die Erzählliteratur und literaturgeschichtlich auf die sechziger Jahre, in denen der Literaturbetrieb der DDR relativ störungsfrei abgeschottet und durchreguliert war - ist zwar nicht notwendigerweise programmatisch "sozialistisch" und muß auch nicht als Beitrag zu einer separaten Nationalliteratur intendiert sein, aber sie ist über gemeinsame Rahmenbedingungen, die artikulierbaren und tatsächlich artikulierten Fragestellungen und ästhetischen Vorentscheidungen sowie durch intertextuelle Verknüpfungen in hohem Maße verbunden. Im Kontext der DDR-Kulturgeschichte ist dieser Befund nicht überraschend. So wie sich spätestens seit dem Mauerbau eine eigene Konsumkultur entwickelt, so bildet sich eine eigene literarische Kultur, deren Werke durch die regionalen Sonderbedingungen geprägt sind - und zwar sowohl dort, wo sie sich staatlichen Direktiven vorsichtig zu entziehen versuchen, als auch dort, wo sie ihren Beitrag zur 'Planerfüllung' weitgehend leisten.

     

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    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Wolf, Christa; Der geteilte Himmel; Literarisches Leben; Deutschland (DDR); Literaturproduktion
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  22. Der Tier-Mensch-Vergleich bei Reimarus und Herder : zur Rezeptionsgeschichte und diskursiven Aktualität der antiken Anthropologie

    Tierfilme und -reportagen haben Konjunktur, neue Bildtechnologien ermöglichen immer differenziertere Einblicke in Verhaltens- und Lebensweisen bekannter und unbekannter Tierarten. Wir fühlen uns als teilnehmende Beobachter in scheinbar gewagtester... mehr

     

    Tierfilme und -reportagen haben Konjunktur, neue Bildtechnologien ermöglichen immer differenziertere Einblicke in Verhaltens- und Lebensweisen bekannter und unbekannter Tierarten. Wir fühlen uns als teilnehmende Beobachter in scheinbar gewagtester Nähe. Das "Privatleben" der Tiere wird bis in den letzten Winkel verfolgt, die Entdeckung der Tierindividualitäten schreitet voran, Tiere bekommen ein Schicksal und wecken Empathie, der vor über 2000 Jahren entstandene Tier-Mensch-Verwandtschafts-Topos, dem noch jeder Gedanke an die Abstammung der Arten fern lag, wird neu belebt. Doch das kulturelle Interesse am Tier erschöpft sich nicht im Fasziniertsein durch perfekt visualisierte Verhaltensstudien oder durch neueste Lesarten der Tiermetaphorik, in der es stets weniger um Tiere als um Menschen geht. Der historische Wandel der menschlichen Tierbeziehung wird in der Tierethik reflektiert.

    Seit der Antike umstrittene kognitive Fähigkeiten verschiedener Tierarten bilden heute einen einzelwissenschaftlich fundierten philosophischen Diskussions- und Forschungsgegenstand ("Der Geist der Tiere"). Die Biosemiotik macht große Fortschritte, der Tier-Mensch-Vergleich - bereits ein Kernstück antiker Anthropologie und Ethik - erfährt eine tiefgreifende Umwertung. Dabei steht nicht mehr von vornherein der Mensch im Mittelpunkt; vielmehr wird versucht, das Animalische in seiner Artenvielfalt als eine vielgestaltige eigene Lebensform zu beschreiben; diese ist nicht länger an Maßstäben einer Anthropozentrik zu messen, die im innersten teleologisch geblieben ist. Der Tier-Mensch-Vergleich wird heute nicht mehr so einseitig und ausschließlich auf kognitive Fähigkeiten bezogen. Vielmehr werden weitere Aspekte wie Emotionalität, Wertungs- bzw. Präferenzverhalten, moralanaloge Verhaltensweisen, Antriebsstrukturen, Soziabilität, Zeichenverhalten mit einbezogen. Diese Komplexität der Vergleichspunkte oder Vergleichseinheiten war erst mit dem neuzeitlichen Rationalismus immer mehr eingeschränkt worden. Die gegenwärtig wiedergewonnene Komplexität lässt nach historischen Vorbildern Ausschau halten; da verwundert es nicht, wenn eine Anthropologie ins Blickfeld rückt, die im Tier-Mensch-Vergleich einen ihrer wichtigsten Ausgangspunkte hatte: die antike Anthropologie.

     

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  23. "Bei Ariadne aber ist Unendliches zu leisten und zu zeigen" : Hugo von Hofmannsthals "Vision" der "Ariadne auf Naxos"

    Die Poesie hat es im Streit der Künste nicht leicht, sich gegen die Macht der Musik zu behaupten. Die Überlegenheit der Musik steht mit Monteverdi schon am Anfang der Operngeschichte. Die Operngeschichte ist voller Beispiele vom Streit zwischen... mehr

     

    Die Poesie hat es im Streit der Künste nicht leicht, sich gegen die Macht der Musik zu behaupten. Die Überlegenheit der Musik steht mit Monteverdi schon am Anfang der Operngeschichte. Die Operngeschichte ist voller Beispiele vom Streit zwischen Dichtern und Musikern. Nur ein transdisziplinärer Meister wie Dieter Borchmeyer vermag dieses Wechselspiel zu überschauen. Immer wieder strebte die Kunst zum Gesamtkunstwerk und zur Fusion von Wort und Ton. Richard Wagner gab aller neueren Kunst das Beispiel vor. Friedrich Nietzsche nahm den ungleichen Kampf mit Wagner auf. Sein Gegenprojekt war eng mit dem Mythos von Dionysos und Ariadne verbunden. Zuletzt sah er in Cosima Wagner seine Ariadne verkörpert Im 'Ecce homo' fragte er noch: "Wer weiss ausser mir, was Ariadne ist!" (KSA 6, 348) Seine letzten Zeilen an Cosima lauteten dann wohl: "Ariadne, ich liebe Dich. Dionysos". Auf Dionysos und Ariadne lief seine Wiedergeburt der Antike im Kampf mit Wagner hinaus.

     

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    DDC Klassifikation: Musik (780); Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
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    Schlagworte: Hofmannsthal, Hugo von; Strauss, Richard; Ariadne auf Naxos
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  24. Unzeitgemäße Betrachtungen eines theaterliebenden Asiaten

    "Ich gehöre nirgends hin. Im traditionellen thailändischen Theater bin ich nicht zu Haus, und mit dem westlichen Theater, das die gegenwärtige Theaterszene Thailands prägt, bin ich auch wenig vertraut. Wie komme ich weiter?" Das war die Äußerung... mehr

     

    "Ich gehöre nirgends hin. Im traditionellen thailändischen Theater bin ich nicht zu Haus, und mit dem westlichen Theater, das die gegenwärtige Theaterszene Thailands prägt, bin ich auch wenig vertraut. Wie komme ich weiter?" Das war die Äußerung eines jungen Schauspielers, der an der vom Humboldt-Club, Thailand, und vom Goethe-Institut, Bangkok, veranstalteten Rundtischdiskussion am 2. November 2007 teilnahm. Unter den Teilnehmern waren führende Regisseure, Schauspieler und Theaterwissenschaftler Thailands und Gäste aus Deutschland, Professor Gabriele Brandstetter vom Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin und Dr. Georg Schütte, Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung. Die Diskussion war auf Englisch und verlief aufs Beste, da eine gemeinsame Basis von Theatererfahrungen vorhanden war und ein höchst lebendiger und fruchtbarer deutschthailändischer Dialog entstand. Die Frage des jungen Schauspielers wurde keineswegs als ein disruptives Element in einem sonst harmonischen Gedankenaustausch empfunden, sondern eher als ein Ansporn zur wahrhaften Konfrontation mit einem gewichtigen zeitgenössischen Phänomen: Die Welt von heute ist so reich an Erlebnissen und Bildungschancen, daß ein Autodidakt sich, aus seiner Umwelt schöpfend, entwickeln kann, und zwar ohne Bindung an bestimmte Traditionen oder Institutionen. Der junge Mann hat Erfolg gehabt, und seine Befürchtung, daß das "Niemandsland", auf dem er gewachsen ist, bar sicherer Bildungsbasis sei, ist vielleicht "unzeitgemäß".

     

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    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
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    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Theater; Deutsch; Interkulturalität; Thailand
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  25. Results might vary : zu Inspiration und Islam

    Dem Islam ist die Neigung zu einer problematischen Glaubenshaltung des verantwortungslosen Fatalismus, der die Fatalität indes forciert, zuletzt so häufig vorgeworfen worden, dass man zunächst (unter anderem mit Bischof Manfred Scheuer) betonen muss,... mehr

     

    Dem Islam ist die Neigung zu einer problematischen Glaubenshaltung des verantwortungslosen Fatalismus, der die Fatalität indes forciert, zuletzt so häufig vorgeworfen worden, dass man zunächst (unter anderem mit Bischof Manfred Scheuer) betonen muss, der Islam sei wohl nicht prinzipiell "gewaltanfälliger als andere Religionen". Der Islamismus, der wohl zu Recht mit Brachialgewalt und autoritärem Gehabe assoziiert werden kann, ist schließlich, so könnte man in Anspielung an den Konflikt rund um (so schäbige wie dilettantische) Karikaturen Mohammeds in einer dänischen Zeitung sagen, doch von allen verzerrten Bildern dieses Glaubens das schlimmste, blasphemischer als all das, wogegen er sich aus Frömmigkeit terroristisch wendet. Vor diesem Hintergrund ist freilich noch immer nicht mit Salman Rushdie zu schließen, es brauche "noch mehr Cartoons wie die in Dänemark." Dies abgesehen von anderem übrigens schon dadurch, dass der Islam einen Humor-lmport, wie ihn Rushdie andeutet, auch insofern nicht nötig hat, als es eine Tradition des Humors hier sehr wohl gibt, "auch der Prophet sei - allen fanatischen Imamen und heuchlerischen Mullahs zum Trotz - zum Scherzen aufgelegt gewesen", wie etwa Ulrich Marzolph darlegte, bis heute ist "im arabischen Raum [...] der schwarze Humor durchaus präsent", der sich besonders schlecht mit Fanatismus vertragen dürfte.

     

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    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Wissenschaftlicher Artikel
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Andere Religionen (290); Literatur und Rhetorik (800); Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Sammlung: Passagen Verlag, Weimarer Beiträge
    Schlagworte: Islam; Tradition
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