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Herr Singram ist mit der besten aller Welten mehr als unzufrieden und zieht sich enttäuscht und leicht angeschlagen in ein Sanatorium zurück, um endlich schriftlich zu fixieren, welche Lebens-Manöver er mit der Hilfe von Frauen, Tieren und weltflüchtigen Compagnons bestanden hat. Lässt seine Erinnerungsfähigkeit nach, versenkt er sich in die anekdotenreichen Tagebücher seiner Vorfahren, die alle eine Schwäche für Tiere hatten - Urgroßvater Irin war Zobeljäger, sein Sohn Edward unterhielt in England einen Privatzoo, dessen Sohn malt die Tiere - berühmt ist seine "Arche Noa sticht in See" - und zeugt zwischen zwei Bildern Arthur Singram, den Verfasser dieser melancholisch-komischen Annalen, in denen sich traurige Selbstironie und heitere Duldsamkeit gegen die tückische Realität verbünden; gegen die helfen nur Animositäten und Neurosen. Sein Arbeitsmotto ist von einem Herrn Dr. Knock, der einmal schrieb - "was ich nicht dulden kann, ist, dass die Gesundheit Ausmaße einer Provokation annimmt." „Wenn es einen Autor gibt, dessen Figuren den von Novalis geprägten Tatbestand der «transzendentalen Hypochondrie» erfüllen, dann Ingomar von Kieseritzky. Seine eingebildeten Kranken fristen ihr Leben unter der steten Vorwegnahme seiner schlimmstmöglichen Wendung. Und doch gelingt es ihnen, dieses mit grosser Einbildungskraft und intellektueller Souveränität zu gestalten. Weniger in der Praxis, aber umso mehr in der Theorie. Die systematische Ausdifferenzierung ihres heillosen Daseins in stimmige Worst-Case-Szenarien verleiht ihnen eine gegen grössere Unbill resistente Lebenskraft... Das neuste Buch Kieseritzkys heisst «Traurige Therapeuten». Mit seinen abgehobenen, aber immer glaubwürdig in sich geschlossenen Anamnesen und mit seinen entsprechenden sprachlichen Tropen schliesst es nahtlos an alle vorhergehenden an. Kieseritzkys Befund bleibt auf geradezu heilsame Art und Weise konsistent und konstant: Die Welt, das Ich und erst recht alles, was einem dazwischenkommt, sind nur in einer Mischung aus Wahn und strukturalistischem Ordnungssinn als ein Komplex von letztlich letalen Symptomen zu erkennen – oder vielmehr konstruktivistisch zu erfassen“ (NZZ)
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