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Forschergruppe Journalliteratur

"Buchpublikation erscheint immer noch als der selbstverständliche Normalfall literarischer, druckgraphischer und fotografischer Publikation. Daß in der zeitgenössischen (Erst‑)Rezeption Wort- und Bildbeiträge materialiter ganz anders vor Augen lagen, daß die Buchform auf dem literarischen Markt seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert nur eine mediale Option darstellt, bleibt in der Regel unberücksichtigt. Dies ist der materialbezogene Einsatzpunkt der Forschergruppe »Journalliteratur«: Geleitet durch medienhistorische, materialphilologische und medienkulturwissenschaftliche Erkenntnisinteressen, untersucht sie unter dem Dachbegriff ›Journalliteratur‹ Journaltexte in Schrift und Bild im medialen Verbund an ihren zeitgenössischen (Erst‑)Publikationsorten. Als markt- und publikumswirksame Alternativen zum Buch werden in einem weitgefächerten medialen Spektrum periodische Publikationsformate des ›langen‹ 19. Jahrhunderts untersucht, vor allem Zeitungen und Zeitschriften, aber auch Zwischenformen wie das literarische Taschenbuch oder Lieferungswerke. Dabei geht es nicht darum, ›Journalliteratur‹ gegen ›Buchliteratur‹ auszuspielen. Vielmehr zielt das Forschungsvorhaben von der Materialität des Mediums aus auf eine Neubewertung des medialen Ganzen von Journalliteratur und Buchliteratur in seinen Wechselwirkungen. Mittelfristiges Ziel ist es, durch solche materialorientierte Re–vision Grundlagen zu schaffen für eine Medienliteraturgeschichte des 19. Jahrhunderts, die dem Neben-, Mit- und Gegeneinander von Schrift und Bild ebenso Rechnung trägt wie den bedeutungskonstitutiven Effekten von journal- und buchliterarischen Formen der Distribution, der Visualität und der Archivierung. Die Forschergruppe stellt sich theoretisch-konzeptuell in die Tradition der material philology, die seit den 1990er Jahren in der Mediävistik als Gegenparadigma zur autor(text)‑ und werkzentrierten Editionsphilologie Lachmannscher Prägung entwickelt wurde, wie sie für die neueren Philologien im Grundsatz bis heute modellgebend geblieben ist. Demgegenüber bietet die – mediävistisch von der Exklusivität und materialen Individualität der Handschrift her konzeptualisierte – material philology unter den Aspekten Paratextualisierung, visuelles Design und Einstellung auf Rezeption(skulturen) für die Erschließung journalliterarischer Schrift-Bild-Konstellationen beträchtliches konzeptuelles Potential. Denn publikumsorientierte, visuell gestaltete und vielfach illustrierte Misch- und Sammelüberlieferungen sind nicht nur für mittelalterliche Handschriften der Regelfall, sondern eben auch für die heterogene Vielfalt der Journalkultur des 19. Jahrhunderts."

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Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Schlagworte

Journalliteratur, Rezeptionskultur, Paratextualisierung, material philology

Institution

Ruhr-Universität Bochum (RUB)
Germanistisches Institut
Deutschland