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Sprechtempo und Reduktion im Deutschen (SpuRD)

Sprechgeschwindigkeit und phonetische Reduktion sind auch im Deutschen regional verschieden. (Vgl. Hahn/Siebenhaar 2016) Das wird anhand von 668 Aufnahmen des Lesetextes 'Nordwind und Sonne' aus 167 Orten des zusammenhängenden deutschen Sprachgebietes nun genauer untersucht. Diese Aufnahmen wurden im Rahmen des Deutsch heute-Korpus vom IdS-Mannheim von 2006-2009 erhoben. Auf Betreiben des Antragstellers wurden die Aufnahmen durch die Gewährspersonen jeweils einmal in 'normalem' und einmal in einem 'schnellen' Lesetempo eingelesen.Ziel der Untersuchung ist zunächst die Kartierung und Deskription der Raumstrukturen von mittlerer artikulatorischer Sprechgeschwindigkeit sowie allgemeiner Elisions-, Assimilations- und weiterer Reduktionsphänomene. Damit kann Alltagstheorien, in welchen Regionen nun 'schnell' oder 'langsam' bzw. 'deutlich' oder 'undeutlich' gesprochen würde, die überfällige empirische Komponente beigefügt werden. Dieser noch eindimensionalen, globalen Phänomenbeschreibung folgt eine mehrstufige Phänomenerklärung im Detail. Die Aufnahmen in den intendierten Lesetempi (schnell vs. langsam) werden dabei als Stadien betrachtet, einzeln ausgewertet und verglichen, da angenommen werden kann, dass beim schnellen Sprechen regionale Aussprachepräferenzen deutlicher hervortreten. Diese Vorgehensweise ermöglicht es auch areal z.T. lexikalisierte 'Redukte' von tempobedingten artikulatorisch rezenten 'Reduktionen' zu unterscheiden. Die Auswertung der Differenz beider Stadien ermöglicht damit einen dynamischen Blick, der die regionalen 'Knautschzonen' offenlegt, also die sonst - bei nur einfacher Betrachtung nicht beobachtbaren Strategien phonetischer Einsparungen, die notwendig sind, um 'schneller' zu sprechen. Artikulatorische Sprechgeschwindigkeits- und Rhythmusmaße ermöglichen die Daten grob einzuteilen. Diese allgemeinen Maße geben aber nur beschränkt an, wie Unter-schiede zustande kommen und wie phonetische Faktoren korrelieren. Um dies zu erfassen, wird die Dauer einzelner Laute auf ihre Variation hin untersucht. Zudem werden Aspekte der Lautqualität berücksichtigt, um bspw. die Reduktion des Artikulationsraumes oder den Abbau der Stimmhaftigkeit von Obstruenten im Hinblick auf regionalspezifische Präferenzen zu überprüfen. Ebenfalls werden realisationsphonetische Vereinfachungen (z. B. Elisionen und Assimilationen) erfasst. Statistische Faktorenanalysen ermöglichen zudem eine Reduktion der Daten, die jene Variablen hervortreten lässt, die für die globalen Raumstrukturen von Sprechtempo und Reduktionsgrad den größten Teil der Varianz erklären. Die so gewonnenen Faktoren werden geostatistisch analysiert, kartiert und interpretiert, womit die ermittelten Raumstrukturen neue Erkenntnisse zu traditionellen sprachgeographischen Einteilungen bieten.

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Universität Leipzig
Institut für Germanistik
Deutschland

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