Wer-Was-Wo - Detailanzeige
Ergebnisanzeige "Friedrich Nietzsche und Norbert Elias. Zur Genealogie des Zivilisationsprozesses"
Ressourcentyp | Konferenzen, Tagungen, Kolloquien |
Titel | Friedrich Nietzsche und Norbert Elias. Zur Genealogie des Zivilisationsprozesses |
Beschreibung | Friedrich Nietzsche und Norbert Elias haben in der Philosophie und der Soziologie für die europäische Kultur ohne Zweifel folgenreiche zivilisationsgeschichtliche Großdeutungen vorgelegt. Überdies haben beide mit hoher Leidenschaft und Konsequenz gegen die klassischen Ausprägungen ihrer Disziplinen angedacht und auf diesem Wege einem prozessorientierten Denken zur Geltung verholfen. Die systematische Aufarbeitung verbindender inhaltlicher Schwerpunkte und interpretatorischer Strukturanalogien im Denken von Elias und Nietzsche ist Hauptanliegen der Konferenz. In ihr wird die Nietzsche-Elias-Frage überhaupt zum ersten Mal in einem größeren Rahmen aufgeworfen und diskutiert.
In der Genealogie der Moral hat Nietzsche die abendländische Kultur weitgehend als Moral des „asketischen Ideals“ ausgelegt und als Transformation desselben zu beschreiben versucht. Auch in Über den Prozess der Zivilisation kommt Praktiken der Selbstdisziplinierung und „Affektkontrolle“ eine kulturierende Schlüsselfunktion zu. Elias scheint hier in quellennaher präziser Interpretationsarbeit Wissenschaft werden zu lassen, was bei Nietzsche oft spekulativer und provokativer Entwurf bleibt. Beide Denker richten ihren Blick auf das Veränderliche, Werdende, Prozessuale der Lebensverhältnisse. Gegen ein Denken in dualistischer Statik und die Rationalisierung im mechanistischen Schema von Ursache und Wirkung haben beide eine „flüssige“ Interpretationspraxis kultiviert und damit auch ihre jeweilige Wissenschaft zu revolutionieren gesucht: Nietzsche hat seine genealogischen Sinnverschiebungen als „dionysischen“ Gegenentwurf gegen das europäische Philosophieren begriffen; Elias wiederum die Soziologie durch sein Denken in „flüssigen Figurationen“ vor allem vom abstrakten Gegensatz von Individuum und Gesellschaft befreien wollen. Bei Nietzsche und Elias ist „Sinn“ nichts Vorgegebenes mehr, sondern jeweils als Funktion auf Zeit gegeben, die innerhalb einer sich stets verschiebenden Ordnung von sich wechselseitig limitierenden Elementen bestimmt ist. Dem gemäß haben sich beide von einem eindimensionalen Denken der Macht als einer „bösen“, nur restriktiven Größe verabschiedet. Nietzsche hat dem dynamischen Charakter des Lebens dadurch Rechnung zu tragen versucht, dass er in allen seinen Gestaltungen eine Interaktion gegeneinander agierender Machtwillen erblickte. Seine vermeintliche Lehre vom „Willen zur Macht“ ist längst als Interpretationshypothese einer Pluralität aufeinander bezogener Machtquanten erkannt. Elias wiederum hat die Gesellschaftsverhältnisse generell als „Machtbalancen“ auf Zeit aufgeschlossen, in denen Individuen immer schon auf anderen Individuen bezogen und dementsprechend in ihren Handlungsspielräumen sozial begrenzt sind. Scheinbar faktische Herrschaftsverhältnisse sind unter diesem Gesichtspunkt dann ihrerseits nur Effekte von Machtkonstellationen. Die angeführte Skizze gibt den inhaltlichen und methodischen Rahmen der Konferenz ab. Im hiermit aufgerissenen Horizont ließen sich diese und zahlreiche weitere Fragen aufwerfen und erörtern: Welche Konsequenzen zeitigt das Bewusstsein von der Fragilität der zivilisatorischen Errungenschaften im Denken von Nietzsche und Elias? Wie und in welcher Absicht konzipieren Nietzsche und Elias Eliten? Welche Berührungspunkte gibt es zwischen den geschichtsphilosophischen Grundsatzüberlegungen beider Denker? Gibt es jenseits der Argumente eine wirkende implizite Rhetorik? PROGRAMM FREITAG, 26.09. 13.00 h Empfang 14.30 h Begrüßung 14.35 h Dr. Enrico Müller Zur Genealogie des Zivilisationsprozesses: eine Einführung Genealogie der Zivilisation I 15.15 h Prof. Dr. Renate Reschke Höfische Kultur. Der soziologische und der kulturkritische Blick: Zur Differenz von Norbert Elias und Friedrich Nietzsche 16.00 h Kaffeepause 16.30 h Prof. Dr. Stephen Mennell Adels- und Kriegsethik bei Nietzsche und Elias im Hinblick auf den amerikanischen Zivilisationsprozess 17.15 h Prof. Dr. Johan Goudsblom On Nihilism: Nietzsche and Elias 18.00 h gemeinsames Abendessen SAMSTAG, 27.09. Genealogie der Zivilisation II 9.30 h PD Dr. Andreas Urs Sommer Den Tod denken. Zur Möglichkeit einer ars moriendi bei Nietzsche und Elias 10.15 h Dr. Annette Hilt Kritik in der Gesellschaft der Individuen – Charakter, Rollen und Perspektiven des Genealogen im Prozess der Zivilisation 11.00 h Kaffeepause 11.30 h PD Dr. Jörn Ahrens Der Wert der Moderne. Zivilisation und Askese bei Nietzsche und Elias 12.15 h David Wachter, M.A. Dionysische Zivilisation? Kulturtechniken der Enthemmung bei Nietzsche und Elias 13.00 h Mittagspause Macht und Gewalt in gesellschaftlicher Interaktion 14.30 h Dr. Leander Scholz Die ungeahnten Möglichkeiten des ‚demokratischen Nivellierungssystems’: Nietzsches Theorie individueller Selektion und Elias’ Kritik am Individualismus 15.15 h Christian J. Emden, Ph.D. Civil Societies? Friedrich Nietzsche, Norbert Elias, and the Historical Anthropology of Violence 16.00 h Kaffeepause 16.30 h Dr. Chiara Piazzesi Die soziale Verinnerlichung von Machtverhältnissen: Über die produktiven Aspekte der Selbstdisziplinierung und der Affektkontrolle 17.15 h Angela Holzer, M.A. Assimilation an die Adelsethik: Zur Nietzsche-Rezeption von Norbert Elias 19.30 h Fakultativ: Besuch der Ausstellung „Babylon – Mythos und Wahrheit“ im Pergamonmuseum, Dauer ca. 90 Minuten SONNTAG, 28.09. 9.30 h Dr. des. Friederike Felicitas Günther Kopernikanische Wende: Zur Funktion einer Denkfigur bei Elias und Nietzsche 10.15 h Kaffeepause 10.45 h Prof. Dr. Werner Stegmaier Nietzsches Mitteilungszeichen, Elias’ Symboltheorie und die Spielräume der Orientierung 11.45 h Abschlussdiskussion, Moderation Prof. Dr. Werner Stegmaier 12.30 h Abreise Veranstaltungsort: Seminar für Ästhetik Humboldt-Universität zu Berlin, Medientheater (2. Hinterhof, Parterre) Sophienstr. 22A 10178 Berlin Konzept und Organisation: Dr. Enrico Müller (Universität Greifswald) Angela Holzer, M.A. (Princeton University) Dr. des. Friederike Felicitas Günther (TU Berlin) Mit freundlicher Unterstützung von: Norbert Elias Foundation, Amsterdam Friedrich-Nietzsche-Gesellschaft, Naumburg/Saale Seminar für Ästhetik, Humboldt Universität zu Berlin |
Quelle der Beschreibung | Information des Anbieters |
Internetadresse | http://h-net.msu.edu/cgi-bin/logbrowse.pl?trx=vx&list=H-Germanistik&mo... |
Veranstaltungsort | Berlin |
Beginn | 26.09.2008 |
Ende | 28.09.2008 |
Person | Name: Günther, Friederike Felicitas Funktion: Ansprechpartnerin E-Mail: organisation@nietzsche-elias.de |
Kontaktdaten | Name/Institution: TU Berlin, Institut für Literaturwissenschaft, Sekr. H 60 Strasse/Postfach: Straße des 17. Juni 135 Postleitzahl: 10623 Stadt: Berlin E-Mail: organisation@nietzsche-elias.de Internetadresse: http://www.nietzsche-elias.de/ |
Land | Deutschland |
Benutzerführung | Deutsch |
Schlüsselbegriffe | Historische Semantik (Wissensgeschichte, Mentalitätsgeschichte, Ideengeschichte); Literatursoziologie |
Klassifikation | 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.03.00 Studien |
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